Integrative Einzel- und Kleinstgruppenförderung von Kindern- und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter


Schulfrustration, -unlust und -verweigerung nehmen unter Kindern und Jugendlichen aus unterschiedlichsten Gründen zu. Ein Teil dieser Kinder wird sich dank konventioneller Maßnahmen und gezielter Hilfen zu Hause der Wichtigkeit eines Schulabschlusses bewusst. Bei anderen muss die Jugendhilfe korrigierend eingreifen. Diesem besonderen Handlungsbedarf begegnet unser Angebot zur integrativen Einzel- und Kleinstgruppenförderung. Wir wollen den Kindern/Jugendlichen durch individuelle Förderung einen Weg zurück zur Regelschule eröffnen.

In Zerbst unterhalten wir je eine Gruppe zur integrativen Einzel- und Kleinstgruppenförderug in der Breite 16 und der Ziegelstr. 14.

Pädagogisch-fachliche und räumliche Voraussetzungen Breite 16:

  • Lehrer mit pädagogischer Qualifizierung, fachlich Grundschullehrer
  • Gruppenunterrichtsraum, max. 6 Plätze mit je einem PC
  • Entspannungs-, Snoezelraum
  • Mitbenutzung der Werkstatt aus dem intensivpädagogischen Bereich für das Arbeiten mit verschiedenen Materialien (Holz, Metall, Stein, Farben)
  • Raum für kreatives Gestalten
  • Raum für sportliche Betätigung (Psychomotorik-, Fitnessraum, Tischtennisraum)
  • Wöchentliche Nutzung einer Schulsporthalle

Pädagogisch-fachliche und räumliche Voraussetzungen Ziegelstr. 14:

  • Lehrer mit pädagogischer Qualifizierung, fachlich Grundschullehrer
  • Erzieher, Sozialpädagoge
  • Lehrerzimmer mit Telefon-/Internetanschluss sowie einem Computerarbeitsplatz
  • 2 Gruppenunterrichtsräume mit je 4 Arbeitsplätzen (5 davon mit Computer)
  • Aufenthaltsraum für gemeinsames Basteln, Frühstücken und Gespräche sowie Rückzugsmöglichkeiten
  • Mitbenutzung der Werkstatt aus dem intensivpädagogischen Bereich für das Arbeiten mit verschiedenen Materialien (Holz, Metall, Stein, Farbe)
  • Sporthalle in Zerbst für den gemeinsamen Sportunterricht
  • Im Werkstattbereich unterstützt ein kompetenter Werkbetreuer die Gruppe. Den Sportunterricht leitet ein Sportlehrer des Geschwister-Scholl-Heims.

Zielgruppe

Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Auffälligkeiten im emotionalen und/ oder sozialen Bereich, welche die Teilnahme am Unterricht in der Regelschule verweigern bzw. der Schule fernbleiben. Dazu gehören:

  • Schüler mit Schulvermeidung (Schulangst, Schulschwänzen)
  • verhaltensgestörte Schüler
  • Schüler mit seelischer Behinderung
  • Kinder und Jugendliche, die keinerlei Leistungsdruck standhalten
  • Kinder und Jugendliche, die das Jugendamt ambulant betreut und die durch Schulversagen, Bummelei, Schulängste und sozialemotionale Störungen auffällig geworden sind

Gesetzliche Grundlage ist das SGB VIII § 27, Absatz 3: „(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Sie soll bei Bedarf Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13, Abs. 2 einschließen.“

Ablauf der Einzel- und Kleinstgruppenbeschulung

Alle beteiligten Partner arbeiten eng zusammen und führen in bestimmten Abständen gemeinsame Beratungen durch. Für jedes Kind/jeden Jugendlichen wird ein individueller Lern-Förderplan erarbeitet und regelmäßig aktualisiert. Die Zusammenarbeit umfasst:

  • Den freien Träger (Lehrer, Erzieher, evtl. Therapeuten)
  • Das Landesverwaltungsamt, Nebenstelle Dessau, Abteilung 5/Bereich Schule
  • Die entsprechende Schule (Klassenlehrer, Schulleiter, Fachlehrer)
  • Das zuständige Jugendamt (Mitarbeiter des sozialen Dienstes)
  • Die Sorgeberechtigten
  • Die Kooperationspartner (bei Bedarf schulisches Förderzentrum Zerbst)

Die Einzel- und Kleinstgruppenbeschulung erfolgt in drei Phasen, die fließend ineinander übergehen können. Angestrebt wird die Reintegration in die Regelschule innerhalb eines Jahres. Mit längeren Integrationszeiten ist im Einzelfall zu rechnen.

Aufnahmephase (Phase 1)

  • Feststellen des Leistungsvermögens, Aufdecken von Lerndefiziten (Diagnostik)
  • Testen der Belastbarkeit und Konzentrationsfähigkeit
  • Analyse der Reaktionen im Verhaltensbereich, in Stresssituationen, im Unterricht, im Freizeit- und Pausenbereich
  • Beziehungsentwicklung zwischen Lehrer/Erzieher und Kind/Jugendlichem, Aufbauen der Kinder und Jugendlichen (z.B. gemeinsame Unterrichtsgänge, kleine Exkursionen mit pädagogischem und fachlichem Inhalt)

Die Entwicklung verschiedener, der jeweiligen Schulsituation angepassten Verhaltensmuster, steht im Vordergrund. Der Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zum Lehrer und Erzieher stellt ebenfalls einen wesentlichen Schwerpunkt dar. Weitere zentrale Elemente:

  • Kreatives Arbeiten in der Werkstatt, Sport- und Hauswirtschaftsunterricht. Das vermittelt denSchülern einen Eindruck von der Entwicklung ihrer Fähigkeiten, Fertigkeiten und ihrer Ausdauer
  • Einzel- und Teamarbeit
  • Konkret geplante Arbeitsziele, die den Kindern/Jugendlichen helfen, zielstrebig an umfangreicheren Aufgaben zu arbeiten
  • Individuelle Förderung, damit im Lerngruppenverhalten jede/r Einzelne die für ihn bzw. sie notwendige Hilfe auch empfinden kann
  • Zusammenarbeit mit allen Partnern zur Analyse des Schulproblems und zum Austausch erster Erkenntnisse
  • Enges, integratives Zusammenwirken von Lerngruppe und Schule. Dies fördert intensive Kontakte und verhindert das Ausbrechen aus der Pflicht des Schulbesuchs. Der zeitliche Unterrichtsablauf ist dem Entwicklungsstand und den Auffälligkeiten des Schülers/der Schülerin angepasst Lerntherapeutische Phase (Phase 2)
  • Abstimmung der Inhalte mit den Fachlehrern der Schule
  • Erstellen eines Plans zum Ausgleich von Bildungsdefiziten
  • vorrangige Förderung in den Kernfächern Deutsch, Mathematik, Englisch
  • Zielstrebiges Arbeiten in der Werkstatt (orientiert an Interessen/Fähigkeiten aus der 1. Phase) zur Entwicklung berufsorientierter Ziele
  • Übungen zur Konzentrations- und Ausdauerfähigkeit
  • Aneignen fester Gewohnheiten und Normen zum Schulalltag, z.B. feste Unterrichts- und Pausenzeiten, Verhalten im Gruppenunterricht
  • Einüben von Handlungsmustern für Krisensituationen
  • Kontinuierliche Zusammenarbeit mit Jugend- und Schulaufsichtsamt über Entwicklungsberichte, Festlegung von Entwicklungsabschnitten

Die 2. Phase stimmen die schulischen Kooperationspartner im Vorfeld für jeden Schüler individuell ab. Die Kooperation mit dem Förderzentrum und dem LVA Dessau bildet einen besonderen Schwerpunkt bei der Zuordnung der entsprechenden Schule oder der Überprüfung hinsichtlich intensivpädagogischer Förderung. Das Kind/der Jugendliche knüpft Kontakte zur späteren Regelschulklasse und dem künftigen Klassenlehrer. Die Begleitung des Unterrichts dient der Entwicklung von Lösungsstrategien und der emotionalen Festigung, um Krisensituationen lösen zu können. Die Reintegration in den Unterricht der Regelschule beginnt erst, wenn absehbar ist, dass die Kinder/Jugendlichen den Ablauf des Schulalltags verinnerlicht haben und die Teilnahme bewusst wünschen. Lehrer, Erzieher/Sozialpädagoge, Klassenlehrer und ggf. Therapeuten evaluieren gemeinsam den Stand des/der Einzelnen und legen den Beginn der Reintegration fest. Sie beziehen Schule, Jugendamt, Sorgeberechtigte und die Kooperationspartner mit ein.

Reintegration in die Regelschule (Phase 3)

Die Schüler/innen lernen ihre die künftige Klasse im Unterrichts- und Freizeitverhalten kennen, beteiligen sich an besonderen Höhepunkten des Klassenerlebens. Dann folgt die stufenweise Eingliederung in den Klassenverband durch:

  • Stundenweise Teilnahme am Unterricht
  • Regelmäßigen Unterricht im Klassenverband, anfangs pädagogisch begleitet
  • Einzelstunden in der Lerngruppe
  • Aufarbeiten und Analyse des Erlebten durch Einzel- und Gruppengespräche mit den Lehrern und gegebenenfalls mit dem Klassenverband
  • Reflektion des Regelschulalltags in der Lerngruppe

Mit Lehrern und dem Schüler/der Schülern wird besprochen, in welchen Fächern die Begleitung entfallen kann. Regelmäßige Ruckmeldungen zwischen Schule und Lerngruppe verdeutlichen das Tagesergebnis, später Wochenergebnis. Daraus leiten sich die weiterführenden Maßnahmen ab. Eine individuell abgestimmte sozialpädagogische Familienbetreuung ist in besonderen Fällen möglich (Einzelvertrag zwischen Jugendamt und Albert-Schweitzer-Familienwerk zur sozialpädagogischen Familienbetreuung).